Schatzkiste 133 – Innovation

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Schatzkiste133 - Innovation

Letztes Jahr hatte ich die Gelegenheit am digitalen Hamburg Innovation Summit teilzunehmen. Nach dem Event reifte in mir der Wunsch auch die Innovationsszene meiner Region sichtbarer zu machen. Mit dem lokalen Gründerzentrum Lagarde1 und Andrej Dering hatte ich schnell die ersten Mitstreiter gefunden. Mittlerweile sind alle oberfränkischen digitalen Gründerzentren und weitere Innovationsbegeisterte mit am Start. Am 6. Mai ist es dann soweit und #UFIS21 öffnet seine Pforten. Auf unterschiedlichen Bühnen wird es Talks und Workshops zu den Themen Innovationsökosystem, Innovationskultur und Innovationswerkzeuge geben. Grund genug zu diesen drei Themengebieten in meiner Nuggetkiste zu kramen und eine Schatzkiste zusammenzustellen. Ich weiß nicht, ob es am Frühling liegt oder an unseren Gartenaktivitäten, jedenfalls nutze ich viele Analogien aus der Natur. Vielleicht ist dies auch der rote Faden durch diese Schatzkiste? Hören wir auf Innovation als etwas rein technologisches und Sache der Ingenieurswissenschaften anzusehen. Aber dazu mehr in den einzelnen Nuggets.

Nugget #1 – Wie sieht ein Innovations-Ökosystem aus?

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Die Mission des „Upper Franconia Innovation Summit“ ist Innovationskraft der Region zu vernetzen
und überregional sichtbar zu machen. Stell es dir vor wie die Landesgartenschau des Innovations-Ökosystems. Aber was ist so ein Innovationsökosystem überhaupt? Wie kann eine Region die Innovationskraft stärken? Dieser Frage habe ich mich durch die Lektüre des „Trendbuch Innovation“ der Open Innovation City Bielefeld genähert. Und dafür dass es Bielefeld eigentlich gar nicht gibt, ist es verdammt innovativ. Das Trendbuch ist 192 Seiten lang. Ich greife hier drei Themen aus dem Trendbuch auf. Es lohnt sich aber, das komplette Trendbuch durchzulesen. Mir hat es sehr geholfen, meine eigene technologische Filterblase zu durchstossen und den ein oder anderen blinden Fleck zu identifizieren.

Wer sind die Spieler im Innovations-Ökosystem?

In den ersten Seiten wird das Open Innovation Modell von Prof. Henry Chesbrough vorgestellt und auf das System Stadt übertragen. Ich fand es sehr hilfreich um mir das Innovations-Ökosystem Oberfranken zu verbildlichen. Wirtschaft, Bildung und Forschung haben wir bei unserem Event bereits auf dem Radar. Wie sieht es allerdings mit der Politik aus? Wo sind die innovativen Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte? Wie macht man Bürgern und Zivilgesellschaft Lust auf Innovation? Oft werden neue Technologien ja als Bedrohung und Jobvernichter wahrgenommen. Für uns beim Upper Franconia Innovation Summit bedeutet es das Event auch außerhalb der FIlterblasen der sozialen Medien zu bewerben. Wird es uns gelingen Menschen, die bisher nicht in Berührung mit Innovation gekommen sind für ein digitales Event zu begeistern?

Die Automobilzulieferindustrie als Gestalter der neuen Mobilität?

Ebenso hilfreich war die Trendlandkarte und die Betrachtung der Trends auf Makro- und Mikroebene. Die Region Oberfranken ist aktuell stark vom Strukturwandel in der Automobilzulieferindustrie betroffen. Das Trendbuch hat zum Makrotrend Neue Mobilität einiges an Impulsen parat. Schauen wir uns die drei Mikrotrends doch mal näher an:

  • Beim Mikrotrend Mobilitätswandel findet sich das Mobilista Reallabor. Dadurch konnte die Veränderung der Mobilitätskultur durch neue Angebote gemessen werden. Mich überrascht, dass man nicht mehr von Reallaboren hört. Auch Unternehmen könnten diese Möglichkeiten viel stärker wahrnehmen. Besser kann man doch Hypothesen für neue Geschäftsmodelle nicht überprüfen?
  • Autonome Mobilität ist bereits in Oberfranken angekommen. Drei Kommunen beteiligen sich an der Shuttle-Modellregion Oberfranken. Spannend fand ich auch das Schlagwort „Mobile Krankenhäuser“. Nachdem viele Teile von Oberfranken sehr ländlich geprägt sind, wäre das vielleicht die Möglichkeit das Thema in einer Art Reallabor auszuprobieren. Mit den Siemens Healthineers in Forchheim wäre ein passender globaler Partner vorhanden.
  • Oder wie wäre es mit E-Bike-Schnellwegenetzen? Dieses Schlagwort findet sich im Mikrotrend nachhaltige Mobilität. Zwei der in Oberfranken ansässigen großen Automobilzulieferer (Bosch, Brose) haben entsprechende Antriebe in ihrem Produktportfolio. Warum also nicht entsprechende Initiativen vor Ort vorantreiben?

Von resilienten Städten zur circular Economy

Damit wären wir beim Thema Nachhaltigkeit. Das Kapitel zum Makrotrend „Grüne Stadt“ habe ich mir ebenfalls aufmerksam durchgelesen. Eine Klimabilanz habe ich weder für die Region noch für die Stadt Bamberg gefunden. Im Landkreis Bamberg werden laut einer Studie von 2012 im Jahr 2020 fast eine Million Tonnen CO2 Ausstoss prognostiziert. Zumindest der Trend stimmt positiv. Mir scheint auch hier besteht viel Potential für Innovation. Schauen wir uns also die Mikrotrends mal genauer an.

  • Von Urbaner Resilienz habe ich vorher noch nie gehört. Urbane Resilienz macht Städte wiederstandsfähiger gegen die Auswirkungen der globalen Pandemie und der Klimakrise, die uns noch viele Jahre begleiten wird. Bereits über 97 Städte haben sich zum Resilient Cities Network zusammengeschlossen. Leider ist keine deutsche Stadt dabei. In einigen Städten gibt es extra Resilience Officers und im Netzwerk finden sich zahlreiche interessante Projekte, z.B. wie Führung während der Krise funktioniert. Was können Unternehmen von den resilienten Städten lernen? Wo gibt es Stories von resilienten Unternehmen? Tragen nicht auch Innovations-Ökosysteme zur Resilienz bei?
  • Aber es ist ja nicht so, dass es hierzulande keine nachhaltigen Initiativen gibt. Das im Trendbuch erwähnte Projekt CirQuality OWL versucht die einzelnen Akteure im Innovations-Ökosystem Ostwestfalen-Lippe zu vernetzen und gemeinsam zu lernen wie zirkuläre Wertschöpfung funktionieren kann. Auch im lokalen Innovations-Ökosystem Oberfranken entsteht mit dem CleanTech Innovation Park ein nachhaltiges Ökosystem.
  • Dem Thema Circular Economy widmet sich auch das Startup Circuly. Leihen statt Kaufen ist hier die Devise. Die Plattform des Bielefelder Unternehmens versucht dieses Prinzip stärker im B2B-Business zu etablieren. Ich halte das für extrem vielversprechend und werde sehr intensiv verfolgen, wie sich das Startup und dieser Markt entwickelt. Noch eins weiter gedacht ist die Tauschökonomie, die im Kapitel Lokaler Aktivismus nur kurz gestreift wird. Wird sich die Sharing Economy auch im B2B Kontext etablieren?

Das Trendbuch bietet noch viele weitere Makro- und Mikrotrends. Für mich steht nach der Lektüre fest, dass ein resilientes Innovations-Ökosystem auf Vielfalt basiert. Mono-Kulturen sind extrem anfällig, wie man am Beispiel der Automobilzulieferer in meiner Region deutlich sieht. Allerdings braucht es nicht nur Vielfalt bei den Themen, sondern auch bei den Akteuren. Neben einem gute Mix aus etablierten Unternehmen, Startups, Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind auch Politik und die Zivilgesellschaft wichtige Bestandteile eines Innovations-Ökosystems.

Trendbuch Innovation –
Wegweisende Entwicklungen und Ideen für zukunftsfähige Städte und Regionen

Nugget #2 – Was braucht es für eine funktionierende Innovations-Kultur?

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Glücklicherweise haben viele Unternehmen in den letzten Monaten festgestellt, wie fragil ihre Geschäftsmodelle sind. Nun werden die Zügel stärker angezogen, die Kostenkontrolle verstärkt und Arbeitsplätze abgebaut. Zusätzlich bedient man sich noch aus den staatlichen Töpfen von Kurzarbeitergeld und anderen Notprogrammen. Grundsätzlich ist nichts gegen derartige Instrumente in Zeiten der Krise einzuwenden. Ein kranker Patient wird auch erstmal eine Akutbehandlung mit Medikamenten genießen. Für einen nachhaltigen Therapieerfolg braucht es aber auch eine Verhaltensänderung. Das hat zumindest ein Teil der Unternehmen erkannt und so hallt es aus vielen Vorstandsetagen und Geschäftsführungsbüros:

Houston, we need some innovation!

Kai Matthiesen

Es werden Ideenkampagnen ausgerufen. Design Thinking hat den Gipfel der überzogenen Erwartungen zwar längst verlassen, ist aber dennoch in vielen Unternehmen ein probates Mittel um neue Produktideen zu generieren und auszuprobieren. Die Extradosis kreative Ideen und neue Technologien holt man sich dann in der Startup-Welt. Dennoch scheitern viele Unternehmen am Versuch erfolgreich zu innovieren. Kai Matthiesen hat sich Gedanken gemacht, warum so viele Bestrebungen zu mehr Innovation einfach scheitern. Hier meine drei Takeaways und Gedanken zum Weiterspinnen:

  • Der Kern des Artikel ist für mich die These: „Innovation ist soziale Evolution“. Für den Autor sind hier drei Elemente wichtig Variation, Auswahl and Stabilisierung. Besonders das Element der Variation hat es mir angetan. Hier kommt mir immer wieder das Bild der Natur in den Kopf. Monokulturen sind nicht besonders robust. Eine Wildwiese mag für viele vielleicht den Ansprüchen an Ordnung und Ästhetik genügen. Allerdings ist sie robust und Wachstum geschieht irgendwann fast wie von selbst. Wachstum wie von selbst? Wenn das mal keine Perspektive ist, über die es sich eine Weile nachzudenken lohnt.
  • Es reicht allerdings nicht, dass Vorstände und einflussreiche Führungspersonen aussichtsreiche Ideen unterstützen. Sicherlich können diese Startkapital für Ideen bereitstellen. Der Hinweis, dass die Idee vom CEO unterstützt wird öffnet auch die ein oder andere Tür im Unternehmen. Es ist aber halt nicht damit getan, einmal im Quartal die Höhle der Löwen nachzuspielen um die aussichtsreichsten Ideen zu küren und zu füttern. Es braucht Arbeit an Strukturen im Unternehmen. Wie muss ich meine Organisation gestalten, damit aus meinem Unternehmen eine möglichst „artenreiche Wiese“ wird? Welche Prozesse verhindern die Variation von Ideen?
  • Eines muss klar sein. Auch wenn die Strukturen stehen oder zumindest im Entstehen sind. Innovation wird immer mit Irrtümern (ich schreibe hier bewusst nicht Fehler) konfrontiert sein. In Folge werden Bemühungen scheitern und investierte Ressourcen werden zu Verlusten. Vielleicht sollten wir uns ein Beispiel an den Gärtnern nehmen. Die wissen, dass nicht jeder gesäte Samen aufgeht und nicht jedes Pflänzchen am Schluss zum Prachtexemplar wird. Entsprechend wird mehr ausgesät und man schätzt auch die krumme Möhre.

Talking ‘bout an evolution: why new ideas alone won’t do the job when it comes to successful innovation

Nugget #3 – Welche Werkzeuge helfen der Innovation?

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Ohne Geräte ist die Gartenarbeit ganz schön schwer. Deswegen braucht auch der Innovations-Gärtner passende Werkzeuge. Werkzeuge und Methoden alleine machen noch keine Innovation. Allerdings können Methoden entlang des Innovationsprozesses hilfreich sein. Ich denke dabei nicht nur an die vielzähligen Kreativitätstechniken. Auch Methoden für die Teamarbeit sind hilfreiche Werzeuge für die Innovation. Denn im Team lassen sich Ideen meist leichter umsetzen. Denn erst die Umsetzung ist es, die aus einer Idee eine Innovation macht. Einen bunten Blumenstrauß an Methodik hat Jenny Versteegen auf einem Padlet gesammelt. Dieser Nugget ist quasi eine Schatzkiste in der Schatzkiste. Ein paar der Kacheln auf dem Padlet habe ich mal näher unter die Lupe genommen und dabei einiges Neues entdeckt.

Werkzeuge für Workshops

Wenn man im Bereich der Innovation unterwegs ist, gehört auch mal der ein oder andere Workshop dazu. Für die Gestaltung von Workshops finden sich zahlreiche Tipps auf dem Padlet. Hier meine Top3:

  • Das Regiebuch für meine Workshops habe ich bisher in einem Spreadsheet erstellt. Mit Sessionlab habe ich jetzt ein spezielles Werkzeug gefunden, das in Zukunft zum Einsatz kommen wird.
  • Über das Padlet bin ich auch auf die Chatons gestossen, ein Kollektiv das freie Software anbietet. Deren Whiteboard habe ich getestet. Die Seite ist auf Französisch, aber man hat schnell raus was die einzelnen Funktionen sind. Vorsicht vor der automatischen Übersetzung der Webseite, denn so werden auch die Inhalte der Post-Its übersetzt.
    Ich habe mal ein Whiteboard für die nächsten Schatzkisten angelegt. Dort kannst du per Klebepunkten für das Thema der nächsten Schatzkiste stimmen und mir Impulse zu den einzelnen Themen hinterlassen.
  • Ich liebe den Zufall! Das Glücksrad der Namen werde ich sicherlich in einem der nächsten Workshops nutzen. Das habe ich über den Link zur digitalen Werkzeugkiste von Arthur Thömmes gefunden. Das ist sozusagen eine Schatzkiste in der Schatzkiste in der Schatzkiste.

Das Bücherregal zum Thema

Definitiv einen Blick wert ist auch die Bücherliste von Jenny Versteegen:

  • Das Digital Innovation Playbook habe ich auch im Regal stehen und wird von mir immer dann konsultiert, wenn ich Werkzeuge für die Entwicklung eines Produkts oder Services brauche. In meinem Beitrag Ich bin dann mal weg… habe ich ein Beispiel aus dem Buch beschrieben.
  • Non-Konformisten habe ich mir auf meine Leseliste in Goodreads gelegt. Allerdings sind die Bewertungen nicht so vielversprechend. Vielleicht läuft es mir ja irgendwo mal gebraucht über den Weg.
  • Nachdem ich die letzten Wochen viel in einem großen Transformationsprojekt gelernt habe und mich die klassischen Change Management Werkzeuge nicht so wirklich überzeugt haben, werde ich mir bei Gelegenheit mal „Do Epic Stuff“ zu Gemüte führen.

Ab in den Garten

Super cool ist der Strange Garden. Ich habe mal eine CompanyPirate Schatzkarte angelegt. Um auch einen Schatz (z.B. dein Lieblingsinnovationswerkzeug) abzulegen, scannst du einfach den Barcode am rechten Rand des Bilds mit deinem Smartphone oder drückst direkt das Kameralogo. Dann kannst du per Foto etwas auf meine Schatzkarte legen. Wenn dir das Fotografieren zu aufwändig ist, kannst du auch einfach nur einen Text eintragen.

Was hast du auf dem Padlet Neues entdeckt? Teile es gerne in einem Kommentar unter diesem Artikel.

Kreative Innovationsmethodik für die Wohlfahrt

PS: Besonders gefreut habe ich mich natürlich über die Erwähnung der Flaschenpost auf dem Padlet. Möchtest du auch regelmäßig Flaschenpost von mir?